3.6 Ablauf des Verfahrens vor dem Familiengericht
Du kannst nur freiheitsentziehend gegen deinen Willen untergebracht oder behandelt werden, wenn ein Familiengericht dem zustimmt. Dafür braucht es einen Antrag deiner Personensorgeberechtigten (Eltern oder Vormund*in oder Ergänzungspfleger*in mit Aufenthaltsbestimmungsrecht). In dem Antrag muss genau stehen, warum die Maßnahme oder die Unterbringung nötig ist.
Wenn du freiheitsentziehend untergebracht werden sollst in einer geschlossenen Unterbringung müssen Familienrichter*innen dich persönlich anhören und dich fragen, was du von der Maßnahme oder Unterbringung hältst. Hier kannst du auch andere Ideen vorbringen oder vorschlagen.
Das Gericht muss dir einen Verfahrensbeistand geben. Dieser muss sich mit dir treffen und deine Interessen in das Verfahren einbringen und dich im Verfahren unterstützen (suche im Internet nach „§167 FamFG“). Wenn du über 15 Jahre alt bist, kannst du auch selbst eigene Rechtsanwält*innen beauftragen dich zu vertreten.[1]
Wenn du unter 15 Jahre alt bist kannst du einen Beistand, das heißt, einen Menschen zu dem du Vertrauen hast, ins Verfahren miteinbeziehen.
Das Familiengericht muss eine mündliche Verhandlung ansetzen, in der du auch sprechen darfst. Wenn du nicht angehört wirst, ist das ein offensichtlicher Verfahrensfehler, gegen den du Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) einreichen kannst. Dazu hast du die Möglichkeit deinen eigenen Standpunkt darzustellen. Außerdem musst du über den weiteren Umgang mit dir vor dem Gericht aufgeklärt werden.
In der Regel ist eine Anhörung ab einem Alter von etwa drei bis vier Jahren des Kindes erforderlich.
Schon wenn ein Kind vier Jahre alt ist, soll es angehört werden. Ein Kind von 14 Jahren muss zwingend angehört werden. Nur eine Beobachtung des Kindes reicht nicht aus. Auch muss mit dem Kind ein Gespräch stattfinden. Selbst wenn ein Sachverständigengutachten vorliegt, muss eine persönliche Anhörung durchgeführt werden.[2]
Auch deine Eltern müssen angehört werden, auch wenn sie nicht (mehr) sorgeberechtigt sind.[3]
Das Familiengericht wird in einem Beschluss festlegen, ob du geschlossen untergebracht werden darfst oder freiheitsentziehende Maßnahmen angewandt werden dürfen.
Das Gericht muss prüfen, ob die Maßnahme oder Unterbringung verhältnismäßig ist, das bedeutet (1.) geeignet ist, (2.) erforderlich ist, (3.) und der mit der Maßnahme oder Unterbringung verbundene Grundrechtseingriff (Freiheitsentzug) angemessen ist, um die Gefährdung deines Wohls zu verhindern. Das muss das Gericht gut begründen.
Wenn das Familiengericht beschließt, dass du freiheitsentziehend untergebracht werden darfst, dürfen die Personensorgeberechtigten eine entsprechende Einrichtung suchen und auswählen.
Die Maßnahme oder Unterbringung darf nur für 6 Monate durch das Familiengericht genehmigt werden. Ohne weiteren Beschluss darf es nicht länger gehen.
Wenn du akut in eine Klinik eingewiesen wirst, weil es dir nicht gut geht und dort deine Freiheit eingeschränkt wird, dann muss das Verfahren, wie wir oben dargestellt haben, unverzüglich „ohne schuldhaftes Zögern“ (§120 BGB) nachgeholt werden.
Gegen den Beschluss des Familiengerichtes, kannst du Beschwerde beim Oberlandesgericht einreichen (§336 FamFG).
Dazu sollest du eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Du kannst dich auch an eine Ombudstelle wenden.
[1] OLG Dresden, Beschluss vom 24.1.2014 – 22 WF 15/14.
[2] Grabow: Anhörung von Kindern und Jugendlichen im Unterbringungsverfahren, FPR (juristische Fachzeitschrift) 2011, 550.
[3] OLG Naumburg, Beschluss vom 7. 12. 2009 - 8 UF 207/09.