9.2 „Du bist nicht verrückt …“
Wie es der Titel verrät bist du weder alleine noch verrückt. Alles was du erlebt hast ist auch wirklich passiert und manchmal beeinträchtigt es dein Leben. Wenn dir etwas Schlimmes passiert ist und du nicht weiterweißt, dann darfst du dir Hilfe suchen. Es jemanden zu erzählen oder jemanden etwas zu zeigen kann viel in deinem Leben verändern….
Also wenn du dich z.B. einem/einer Lehrer*in anvertraust dann werden dir diese auch helfen. Ich zum Beispiel kam mit blauen Flecken in die Schule und bin direkt zu unserer Schulsozialarbeiterin gegangen. Meine Klassenlehrerin stand zufällig bei ihr und die beiden haben gerade über irgendwas geredet. Ich bin öfters mit blauen Flecken oder Angst wieder nachhause zu müssen in die Schule und bisher hat es nur die Schulsozialarbeiterin und meine Klassenlehrerin bemerkt. Ein großer Fehler ist es, wenn du schon so weit bist und wieder einen Rückzieher machst. Dann wird es nicht besser. Ich gehe also geradewegs auf die beiden Frauen zu und sehe sie an.
Meine Klassenlehrerin sieht mich an und möchte mir einen guten Morgen wünschen. Als sie mir jedoch ins Gesicht schaut verstummt sie direkt und sieht mich schockiert an. Sie fragt mich was passiert ist, aber sie dachte sich schon was es sein könnte.
Ich sagte ihr, dass Papa mir wehgetan hat und fing an zu weinen. Ich weinte und mir kamen direkt die Bilder in den Kopf. Sie dachte gar nicht groß darüber nach, sondern nahm mich in den Arm. Bei ihr durfte ich weinen und es war mir nicht mal peinlich. Wir setzten uns in das Zimmer der Sozialarbeiterin und ich erzählte den beiden alles. Zwei schockierte Frauen saßen vor mir und hörten sich an, was in den letzten Wochen und davor bei mir passiert ist.
Warum habe ich das vorher nicht gemacht?
Ich hatte Angst ich wäre damit allein. Aber da habe ich mich geirrt. Zur Hilfe hatte ich also meine Schule. Schon vorher hatten meine Eltern einen schlechten Ruf bei meiner Klassenlehrerin. Ich habe bei der Polizei eine Anzeige wegen Körperverletzung gemacht.
Das war 2015…
Heute Schreiben wir das Jahr 2019 und mir geht es deutlich besser. Zwischenzeitlich war ich in einer Mädchenzuflucht für einen Monat und danach in einer Wohngruppe bis Anfang 2018. Heute wohne ich in einer Verselbständigungs-WG. Dort lerne ich, wie ich mir eine Wohnung suche und noch andere Dinge die man können sollte, um in eine eigene Wohnung zu ziehen.
Ich bin ehrlich… Wenn ich mich nicht geöffnet hätte und noch weiter dort gewohnt hätte wo ich jeden Tag Angst hatte, dann wäre ich bei weitem nicht so weit wie jetzt. Du kannst alleine bleiben mit all deinen Problemen, wenn du das möchtest. Aber es gibt viele Menschen die dir helfen. Den 1. Schritt musst du machen. Das macht keiner für dich. Danach kommt alles Ins Rollen. Du bist also nicht alleine. Du bist Stark, weil du das was dir passiert ist meisterst oder schon gemeistert hast.