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10.3 "Du bist nicht alleine"

Du bist nicht verrückt.
Und du bist nicht alleine mit deinen Problemen.
Alles was du erlebt hast
ist wirklich passiert.
Das macht dein Leben manchmal schwer.

Dir ist etwas Schlimmes passiert.
Du weißt nicht mehr weiter.
Du darfst dir Hilfe suchen.

Wenn dir jemand zuhört,
kann das sehr helfen.
Wenn du jemandem etwas zeigen kannst,
kann das sehr helfen.
Ich habe damit eine gute Erfahrung gemacht.
Darum erzähle ich dir meine Geschichte.

 

Ich hatte eine Lehrerin.
Ihr habe ich vertraut.
Sie hat mir auch geholfen.
 

An einem Tag bin ich in die Schule gegangen.
Ich hatte wieder blauen Flecken.
Die Flecken waren im Gesicht.
Ich bin sofort zu unserer Schul-Sozial-Arbeiterin gegangen.
Meine Klassen-Lehrerin stand zufällig bei ihr.
 

Vorher bin ich schon öfter mit blauen Flecken
in die Schule gegangen.
Ich hatte aber immer Angst.
Ich wollte nicht wieder nach Haus geschickt werden.

Aber jetzt wollte ich keinen Rückzieher mehr machen.
Dann wäre es nur noch schlimmer geworden.
 

Meine Klassen-Lehrerin hat mich angesehen.
Sie wollte mir einen guten Morgen wünschen.
Sie hat mein Gesicht gesehen.
Und sie war erschrocken.
Sie hat mich gefragt: Was ist passiert?
Ich glaube, sie hatte dazu schon einen Verdacht.
 

Ich habe ihr alles gesagt.
Mein Vater hatte mir wehgetan.
Ich musste weinen.

Alle Bilder waren wieder in meinem Kopf.
 

Sie nahm mich in den Arm.
Darüber hat sie nicht lange nachgedacht.
Bei ihr durfte ich weinen.
Es war mir nicht mal peinlich.
 

Wir setzten uns in das Zimmer der Schul-Sozial-Arbeiterin.
Ich habe beiden alles ganz genau erzählt.
Alles aus den letzten Wochen.
Und auch davor.
Die zwei Frauen waren sehr erschrocken.
 

Warum habe ich das vorher nicht gemacht?

Ich hatte Angst ich wäre damit allein.
Aber da habe ich mich geirrt.
Zur Hilfe hatte ich also meine Schule.

Schon vorher hatten meine Eltern
einen schlechten Ruf bei meiner Klassen-Lehrerin.
Ich bin zur Polizei.
Ich habe eine Anzeige gemacht.

Das war im Jahr 2015.
Heute ist das Jahr 2019.
Mir geht es viel besser.
 

Ich war für einen Monat in einer Zuflucht für Mädchen.
Danach bin ich bis Anfang 2018
in eine Wohn-Gruppe gegangen.
Heute wohne ich in einer Wohn-Gemeinschaft.
Hier lerne ich alles für ein selbständiges Leben.
Zum Beispiel wie ich eine Wohnung suche.
Und wie ich in einer eigenen Wohnung leben kann.

Wenn ich an früher denke,
hatte ich zuhause immer Angst.
Ich wäre heute immer noch da.
Aber ich habe meine Geschichte erzählt.
Ich habe mich geöffnet.
Darum bin ich heute hier,
wo ich jetzt bin.
Das ist gut so.
 

Du kannst alleine bleiben mit all deinen Problemen.
Aber es gibt viele Menschen die dir helfen.
Den 1. Schritt musst du machen.
Das macht keiner für dich.
Du bist also nicht alleine.
Du hast schon so viel geschafft.
Du hast die Vergangenheit überlebt.
Du bist stark.
Such Dir Hilfe.