freiheitsentzug.info

3.2 Lebens-Geschichte Nummer 2

Ich bin ein junges Mädchen.
Ich war in der geschlossenen Psychiatrie.

Eine Psychiatrie ist ein spezielles Kranken-Haus.
Hier werden Menschen behandelt,
die eine Erkrankung der Nerven haben.
Oder die Erkrankung ist eine Störung der Seele.
Ich wurde fixiert.
Meine Beine waren festgebunden.
Und mein Körper war festgebunden.
Auch meine Hände wurden festgebunden.

Das ist gegen meinen Willen passiert.
Ich habe dazu keine Erlaubnis gegeben.
Ich wollte das nicht.
Ich habe mich dagegen gewehrt.
Aber das hat alles noch schlimmer gemacht.

An manchen Tagen durfte ich nicht aufstehen.
Ich durfte nicht duschen.
Ich durfte nicht selber zur Toilette gehen.
Und ich durfte nicht selber essen.

Auch das Essen war schwierig.
Ich lebe vegetarisch.
Das heißt: Ich esse kein Fleisch.
Das hat aber niemanden interessiert.
Ich wurde gefüttert.

Irgendwann habe ich das Essen verweigert.
In dem Essen war immer wieder Fleisch.
Ich wollte aber kein Fleisch.
Das hat aber niemanden interessiert.
Also wurde ich durch eine Sonde in der Nase ernährt.
Eine Sonde ist ein Schlauch.
Der geht durch die Nase und die Speise-Röhre in den Darm.

Ich war wütend.
Und ich hatte Angst.
Ich habe mich nicht verstanden gefühlt.
Und ich habe mich nicht respektiert gefühlt.

Es gab noch andere schwierige Sachen.
Ich durfte auch nicht immer duschen.
Dafür wurden die Fesseln nicht gelöst.
Ich wurde dann im Bett gewaschen.
Das wurde von Pflegern gemacht.
Ich wurde nicht von Pflegerinnen gewaschen.
Aber ich hatte große Angst vor Männern.
Ich habe eine sehr schlechte Erinnerung an Männer.
Besonders schlimm ist es, wenn sie mich anfassen.

Alle diese Erlebnisse haben meine Lage noch schlechter gemacht.
Ich wurde noch wütender.
Deshalb habe ich getobt.
Und ich wurde danach noch strenger behandelt.

Ich habe regelmäßig Tabletten bekommen.
Über die Tabletten hat niemand mit mir gesprochen.
Ich wurde darüber nicht aufgeklärt.
Und ich wurde auch nicht beraten.

Ich habe nur selten Therapie bekommen.
Therapie ist eine Möglichkeit zum Sprechen.
Über die Ängste und Gefühle.
Therapie kann eine gute Hilfe sein.
Die Therapeuten haben aber nur sehr selten mit mir gesprochen.

Meine Erlebnisse in der Einrichtung waren nicht gut.
Ich finde: So darf das nicht sein.