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Offener Brief an die Fach-Kräfte aus Psychiatrie und Jugend-Hilfe

Hallo Fach-Kräfte.
Wir müssen reden!

Uns wurde in der Jugend-Hilfe die Freiheit genommen.
Und uns wurde in der Psychiatrie die Freiheit genommen.
Wir haben das alle erlebt.
Jeder für sich.
Und jeder in verschiedenen Arten und Formen.
Manchmal haben wir gute Hilfe bekommen.
Manches macht uns sehr nachdenklich.
Und zu vielen Sachen sagen wir „nein“.

 

Wir haben erlebt, …

  • dass wir fixiert wurden über Stunden und Tage;
  • dass wir in den „Time- Out Raum“ gesperrt wurden;
  • dass uns gegen unseren Willen Medikamente verabreicht wurden,
    das ist auch durch Spritzen gemacht worden;
  • dass wir in unsere Zimmer eingeschlossen wurden;
  • dass Gewalt gegen uns ausgeübt wurde;
  • dass uns kalt war;
  • dass wir uns unwohl gefühlt haben;
  • dass wir entwürdigt wurden;
  • dass wir durch Entkleidung vor allen anderen beschämt wurden;
  • dass wir allein von eurer Sicht und Einschätzung abhängig waren,
    ihr habt gesagt, wann wir uns wieder beruhigt haben,
    ihr habt gesagt, wann die Maßnahme enden kann.

Wir haben das oft nicht als Hilfe erlebt.
Das war mehr eine Strafe.

Deshalb erwarten wir von euch Fach-Kräften…

  • Keine Macht gegen uns.
  • Sorgt für unsere Sicherheit.
  • Schluss mit der Überwachung.
  • Helft uns.
    Wir brauchen mehr Raum für uns alleine.
  • Ihr sollt unsere Einschätzung zu uns selbst ernst nehmen.
    Ihr sollt versuchen, uns wirklich zu verstehen.
  • Wir möchten ernst genommen werden.
    Wir möchten nicht ohne Beachtung bleiben.
  • Erklärt uns gut, was ihr mit uns macht.
    Erklärt uns gut, warum ihr das macht.
  • Wir bekommen Medikamente.
    Erklärt uns die Ziele und die Wirkungen davon.
  • Ihr benutzt Zwang.
    Dann müsst ihr euch an das Recht halten.
    Ihr müsst die Fach-Empfehlungen einhalten.
    Wenn ihr das nicht macht,
    macht ihr euch strafbar.
  • Wir möchten nicht mit jedem sprechen.
    Manchmal haben wir sehr eigene Themen.
    Oder wir haben intime Themen.
    Dann wollen wir aussuchen, mit wem wir sprechen.
  • Haltet unsere Hinweis und Vorwürfe aus.
    Schaut auf euch und eure Arbeit wie in einen Spiegel.
    Seht auch eure Fehler.
  • Wir müssen mit anderen Menschen von draußen reden können.
    Unsere Beschwerden sind wichtig.
    Lasst das bitte zu.

Denkt nach:
Helfen uns eure Taten wirklich?
Wir erwarten von euch allen:
Geht menschlich mit uns um.
Wir sind bereit.
Wir werden mit euch über unsere Erfahrungen reden.

Diese Forderungen haben wir im April 2019
in Hamburg geschrieben.

Wir sind 15 Jugendliche aus ganz Deutschland.
Wir haben in 3 Arbeits-Gruppen gearbeitet.
Wir waren in Berlin, Hamburg und Dresden.